Glaubenssysteme und Weltanschauung
Ein Glaubenssystem bzw. eine Weltanschauung oder Weltsicht ist die Gesamtheit von religiösen Überzeugungen innerhalb einer Religionsgemeinschaft. Die einzelnen Überzeugungen ergeben ein großes Ganzes, wodurch die Weltanschauung des Gläubigen stimmig wirken soll. Gestützt werden die Überzeugungen durch religiöse Narrative (Erzählungen), Praktiken und Bräuche. Durch deren Anwendung wird das Glaubenssystem immer wieder erneuert und gefestigt.
Inhalt
- 1 Was sind religiöse Glaubenssysteme
- 2 Worauf stützen sich religiöse Glaubenssysteme
- 3 Welche unterschiedlichen Glaubenssysteme haben die Weltreligionen
- 4 Glaubenssystem im Judentum
- 5 Glaubenssystem im Christentum
- 6 Glaubenssystem des Islam
- 7 Glaubenssystem im Hinduismus
- 8 Glaubenssystem im Buddhismus
- 9 Nichtreligiöse Glaubenssysteme
Was sind religiöse Glaubenssysteme
Ein religiöses Glaubenssystem ist eine Ansammlung von religiösen Überzeugungen, Wertvorstellungen, Prinzipien und Glaubenssätzen. Jedes religiöse Glaubenssystem definiert die Rolle des Menschen zu Gott auf eigene Weise. Demnach unterscheiden sich Menschenbild und Stellung des Menschen je nach Glaubenssystem.
Mit dem Glaubenssystem werden auch Gebote und Verbote transportiert, wodurch moralische Ansichten und ein gesellschaftliches Miteinander geformt werden.
Worauf stützen sich religiöse Glaubenssysteme
Grundlage aller religiösen Glaubenssysteme sind die Heiligen Schriften. Jede Religion formuliert ein gewisses Daseinsziel oder auch den Sinn des Lebens. So definiert das Christentum bspw. die Unsterblichkeit der Seele und eine gute Beurteilung am Tag des Jüngsten Gericht als oberstes Ziel.
Im Hinduismus ist das oberste Ziel mit der Schöpfungsenergie Brahman aufzugehen und Buddhisten wollen erwachen (Bodhi), um Nirwana zu erreichen. In den Heiligen Schriften werden Verhaltensnormen definiert, welche die Gläubige einhalten sollten – um den gottesfürchtigen Weg zum Endziel beschreiten zu können.
Demnach ist die Heilige Schrift die nötige Grundlage, um ein religiöses Glaubenssystem zu etablieren. Die darin enthaltenen Normen und Vorschriften stärken die Bindung zum Glaubenssystem und erneuern den Glauben immer wieder.
Welche unterschiedlichen Glaubenssysteme haben die Weltreligionen
(siehe auch Hauptartikel: Fragen und Antworten zu den Weltreligionen)
Bei den Weltreligionen unterscheidet man zwei Kulturkreise. Die abrahamitischen Religionen, zu denen das Judentum, der Islam und Christentum gehören, erkennen das Konzept einer Seele an. Die Unsterblichkeit der Seele ist zentrales Anliegen aller drei Religionen.
Bei den indischen Religionen (Buddhismus, Hinduismus) gibt es ähnliche Konzepte. Doch die Religionsanhänger streben an, dem Kreislauf der Wiedergeburten zu entkommen.
Abrahamitischen Religionen
Im Christentum glaubt man, dass die Seele unsterblich ist und nach dem körperlich-physischen Tod weiterlebt. Am Tag des Jüngsten Gerichts wird die Seele zur Rechenschaft gezogen. Sämtliche Glaubensinhalte im Christentum richten sich danach aus, dass die Seele unsterblich ist.
Im Islam ist die Seele ebenfalls unsterblich. Nach dem physischen Tod wird die Seele aber in einem Zwischenzustand (Barzach) versetzt. Dort wartet die Seele bis zum Tag des Jüngsten Gerichts. Dann wird entschieden, ob die Seele ins Paradies oder in die Hölle einkehrt.
Im Judentum wird die Seele ebenfalls als etwas Unsterbliches betrachtet, welches aus drei Teilen besteht. Der höchste Teil ist Neshamah (Atem), gefolgt vom mittleren Teil (Ruach = Wind, Geist) und dem niedrigen Teil (Nefesh, Ruhe). Auch Juden glauben daran, dass die Seele unsterblich ist und am Tag des Jüngsten Gerichtes zur Rechenschaft gezogen wird.
In allen drei abrahamitischen Religionen ist man bestrebt danach, die Unsterblichkeit der Seele zu bewahren und am Tag des Jüngsten Gerichts würdig beurteilt zu werden.
Aber auch die Vorstellung vom Jüngsten Gericht variiert bei allen drei. Im Christentum glaubt man, dass Jesus Christus am Tag des Jüngsten Gerichts als Richter zurückkehrt. Gerechte werden dann mit der Erlösung belohnt und Sünder werden bestraft. Demnach wird Jesus Christus im Christentum als auch als Herr, Gebieter, Richter und Erlöser erwähnt.
Im Islam tritt Allah als Richter des Jüngsten Gerichts (Yawm al-Qiyāmah) auf. Die Taten aller Menschen werden dann gewogen. Alle Sünder werden dann bestraft und die guten Menschen dürfen ins Paradies einkehren.
Im Judentum glaubt man ebenfalls an ein Endzeitgericht. Bevor das Gericht tagt, erscheint der Messias aus den jüdischen Prophezeiungen und läutet die Endzeit ein. Am Gerichtstag richtet Gott dann über alle Menschen und stellt Gerechtigkeit wieder her.
Indische Religionen
Im Hinduismus existiert das Konzept einer Seele als Atman. Es handelt sich dabei um einen ewigen und unvergänglichen Teil des Individuums. Atman durchläuft den Kreislauf von Geburt, Tod und Wiedergeburt immer wieder. Dies wird als Samsara bezeichnet. Hindus streben danach, diesen Kreislauf zu entkommen und eine Form der Erlösung (Moksha) zu erreichen. Dann verschmilzt die Seele (Atman) mit dem höchsten Bewusstsein (Brahman).
Im Buddhismus wird die Lehre des Anatta (Nicht-Selbst) gelehrt. Eine unveränderliche Seele existiert nicht. Stattdessen existiert ein Bündel von fünf Daseinsfaktoren (Skandhas), welche sich stets ändern. Ziel ist es, dem ewigen Kreislauf der Wiedergeburten (Samsara) zu entkommen, um Nirwana zu erreichen.
Glaubenssystem im Judentum
(siehe auch Hauptartikel: Fragen und Antworten zum Judentum)
Das Judentum basiert auf ein monotheistisches Glaubenssystem (Religion), in dessen Zentrum ein allmächtiger Gott steht. Dieser Gott gilt als Schöpfer, Lenker und Bewahrer des Kosmos.
Die Vorfahren der Juden waren die Israeliten. Diese wurden vom Moses aus der ägyptischen Gefangenschaft befreit und dann über die Sinai-Halbinsel ins Gelobte Land (Kanaan) geführt.
Auf dem Berg Sinai empfing Moses eine Offenbarung von Gott. Die Israeliten gingen ein Bündnis mit Gott ein, indem sie versprachen nur ihm zu dienen. Im Gegenzug versprach Gott den Juden das Gelobte Land.
Damit die Israeliten ein gottesfürchtiges Leben führen können, überreichte Gott dem Propheten Moses die Tora mit den 10 Geboten. Durch das Bündnis mit Gott betrachteten sich die Israeliten fortan als auserwähltes Volk. Sie reisten ins Land Kanaan (heutige Israel, Palästina) und besiedelten es.
Jüdischer Glaube
Die Israeliten und die Juden glauben an das Bündnis zu ihrem Gott Jahwe. Da Gott nicht genannt werden darf, wird der Gottesname in der Bibel mit den Vokalzeichen JHWH angeführt. Angesprochen wird Gott als Herr, Bewahrer oder Schöpfer. Im Judentum ist Gott allmächtig, allwissend und allgütig. Die Juden mussten versprechen, keinem anderen Gott zu dienen.
Dennoch ist das Judentum höchst exklusiv und beschränkt sich lediglich auf das Volk der Israeliten. Neue Religionsmitglieder wurden nicht einfach aufgenommen. Denn der Bund mit Gott ist im Judentum etwas Ausgezeichnetes. Demnach gab es niemals Bestrebungen neue Mitglieder anzuwerben. Dass andere Menschen, außerhalb Israels, in den Genuss kommen sollten – in einem so lukrativen Bündnis zu stehen, wird im Judentum ausgeschlossen. Der Gott Jahwe steht nur Juden zur Verfügung, da diese auserwählt worden.
Tora
Die Tora ist eine heilige Schriftrolle im Judentum. Sie bildet den ersten Teil des Tanach (hebräischer Bibeltext). Im Alten Testament der Bibel ist die Tora ebenfalls enthalten, wird dort aber als Pentateuch bezeichnet. In der Lutherbibel und anderen Bibelübersetzungen entspricht die Tora den 5 Büchern Mose.
Die Tora beginnt mit dem Buch Genesis. Enthalten sind die biblische Schöpfungsgeschichte über Adam und Eva bis hin zur Josefsgeschichte. Die Josefsgeschichte erzählt, wie Josef nach Ägypten gelangte.
Das zweite Buch ist der Exodus bzw. der Auszug aus Ägypten. Die Familie des Josefs wandelt sich zum Volk der Israeliten, welche nun in ägyptischer Sklaverei lebt. Moses führt die Israeliten, mit göttlichen Zutun, aus der Gefangenschaft. Die Wanderung dauert insgesamt 40 Jahre. Auf dem Berg Sinai erhält Moses die Tora mit den zehn Geboten. Die Israeliten gehen das Bündnis mit Gott ein.
Das dritte Buch der Tora nennt sich Levitikus. Es ist vollgestopft mit Ritualen, Opferzeremonien und dem Gelübde. Das Buch soll die religiösen Praktiken verdeutlichen, um den Bund zu Gott stets zu erneuern.
Im vierten Buch (Numeri) wird der Aufbruch vom Berg Sinai, die Ankunft im Gelobten Land und die Landnahme beschrieben. Gleichzeitig werden die ersten juristischen und kulturellen Weisungen formuliert, wie die Juden zukünftig im Einklang mit Gott leben wollen.
Das fünfte und letzte Buch der Tora ist das Deuteronomium. Dort enthalten sind die Abschiedsworte von Mose und eine Predigt, bei welcher der Prophet für die Einhaltung der zehn Gebote wirbt.
Jüdische Gebote (Mitzwot)
In der Tora sind 613 Gebote verordnet. Die zehn Gebote sind ein Teil davon. Insgesamt werden 635 Verbote in der Tora genannt, welche sich an den Tagen eines Kalenderjahres orientieren. Die restliche 248 Mitzwots sind Gebote.
Obwohl das Judentum 613 Gebote kennt, dürfen die meisten davon auch gebrochen werden. Lediglich Mord, Götzendienst und Unzucht sind davon ausgenommen.
Dennoch ist die grundsätzliche Einhaltung der Gebote fest im Glaubenssystem der Juden verankert. Denn durch die Einhaltung der göttlichen Gebote (zehn Gebote) wird das Bündnis zu Gott erneuert. Die restlichen Gebote und Verbote stützten das Gebotssystem um die zehn, oder wurden eingeführt um ein friedliches und gottesfürchtiges Miteinander bestreiten zu können.
Sabbat
Der Sabbat ist der siebente Wochentag. Laut biblischer Schöpfungsgeschichte hat Gott die Welt an sechs Tagen erschaffen und hat sich am siebenten Tag ausgeruht. Der Sabbat erinnert an das Schöpfungswerk Gottes. Er beginnt am Abend des Freitags und endet am Abend des Samstags. Die Einhaltung des Sabbats gilt als oberstes Gebot, da dieser Tag dem Herrn gewidmet ist.
Jüdische Feste und Feiertage
Das Judentum kennt viele Feste und Feiertage. Ein ganz besonderer Feiertag ist das Pessachfest. Es erinnert an den Auszug aus Ägypten (Exodus).
Ein weiterer wichtiger Feiertag ist der Versöhnungstag (Jom Kippur). Laut jüdischen Glaubenssystem werden alle Geschöpfe zum jüdischen Neujahrsfest (Rosch ha-Schana) beurteilt und gerichtet. Dies erinnert an die Verurteilung von Adam und Eva.
Das göttliche Urteil wird am Neujahrstag eingeschrieben und am Versöhnungstag (Jom Kippur) gewogen und besiegelt. Wer am Neujahrstag noch nicht zur Umkehr (Teschuwa) und Buße gelangt ist, dem bleibt bis zum Jom Kippur noch 10 Tage Zeit.
Die zehn Tage der Umkehr beginnen am Neujahrstag und enden am Jom Kippur. In diesen zehn Tagen verbringen Juden die Zeit mit Gebeten, mit Reue und sprechen sich mit ihren Mitmenschen aus.
Messias-Erwartung
Die Prophezeiung, dass ein Messias kommen wird, ist zentraler Glaubensbestandteil der meisten Juden. Laut dem Tanach soll dieser Messias das Königtum in Israel wiederherstellen – wodurch alle Juden vereint leben können.
Aus einem historischen Kontext heraus soll die Zeit der Fremdherrschaft (Babylonier, Perser, Römer) vorbei sein und der göttliche Wille von JHWH wird sich endgültig durchsetzen. Beschränkt ist der Gotteswille auf das geografische Gebiet von Kanaan (heutige Israel, Palästina).
Die Juden warten bis heute auf den Messias. Ein Teil der Juden betrachtete allerdings den Wanderprediger Jesus von Nazareth als ihren Erlöser. Deshalb spaltete sich das Christentum vom Judentum ab. Was als Sekte oder Splittergruppe begann, wurde im Mittelalter zur größten Weltreligion.
Glaubenssystem im Christentum
(siehe auch Hauptartikel: Fragen und Antworten zum Christentum)
Das Christentum ist eine monotheistische Religion, welche sich aus dem Judentum abspaltete. Im Zentrum des Glaubens steht ein allmächtiger, allwissender und allgütiger Gott – genauso wie im Judentum. Anders als im Judentum tritt der einzig wahre Gott der Christen in drei Gestalten auf: in der Gestalt des Vaters (Gott), des Sohnes (Jesus) und des Heiligen Geistes. Jenes Prinzip wird als Trinität bezeichnet.
Im Urchristentum glaubte man daran, dass Jesus von Nazareth jener Messias sei, dessen Ankunft von den alten Propheten (seit Jesaja, 8 Jhd. v. Chr. ) prophezeit wurde. Letztlich wurde der historische Jesus von den römischen Besatzern als Aufrührer gesehen und verhaftet. Er wurde angeklagt, sich als König der Juden auszugeben und schließlich ans Kreuz genagelt. Dort starb er.
Anders als die Juden verstanden sich die Urchristen als Missionare. Sie wollten den Club der Mitglieder nicht exklusiv halten, sondern die Kunde vom Messias in die ganze Welt tragen. Durch die Missionierung erwarb das Christentum eine weltweite Ausbreitung und wurde zur größten Weltreligion der Geschichte.
Christliche Glaube
Im Christentum glaubt man, dass Jesus von Nazareth der prophezeite Messias sei. Weiterhin glauben Christen daran, dass Jesus der wahrhaftige Sohn Gottes und auch dessen Inkarnation (Menschwerdung, Fleischwerdung) ist.
Mit der Kreuzigung und dem Tod Jesu verbinden alle Christen, eine Vergebung ihrer eigenen Sünden. Jesus starb demnach am Kreuz, um die Menschheit von ihren Sünden zu befreien. Nach seiner Kreuzigung soll dessen Leiche verschwunden sein. Schnell mehrten sich die Erzählungen darüber, dass Personen den lebendigen Jesus begegnet seien. Die Auferstehung und das damit verbundene ewige Leben nahmen Urchristen zum Anlass, die Messias-Erzählung weiter zu verbreiten.
Sobald sich ein Nichtgläubiger zu Jesus als seinen Herrn bekennt, legt er die Taufe ab. Dann werden ihm seine Sünden vergeben. Und genauso wie bei Jesus wird ihm nach seinem Tod das ewige Leben zuteil.
Bibel
Die Bibel umfasst das Alte und das Neue Testament. Das Alte Testament entspricht der hebräischen Bibel (Tanach) und ist somit Glaubensgrundlage für Juden und Christen.
Im Neuen Testament wurden die Lebensabschnitte von Jesus Christus zusammengefasst, seine Predigten und Botschaften aufgeschrieben. Weiterhin wurde das Neue Testament um die Schriften der Apostel ergänzt, welche die Lehre von Jesu entsprechend auslegen.
Glaubensbekenntnisse
Mit dem Glaubensbekenntnis erneuern Christen ihr Bekenntnis zu Gott als ihren Herrn und Erlöser. Zwei Glaubensbekenntnisse sind in der christlichen Religionsgemeinschaft besonders verbreitet.
Das apostolische Glaubensbekenntnis (Apostolikum) wird bei Gottesdiensten gesungen oder gesprochen. Es besteht im Wesentlichen aus drei Artikeln, welche die Trinität verdeutlichen sollen. Zuerst wird der Gottvater als der Schöpfer erwähnt. Dann wird Jesus Christus als der Weltenrichter und Sohn Gottes angesprochen. Als letztes wird der Heilige Geist erwähnt, welcher in der Gegenwart erhalten blieb – wodurch die Kirchengemeinschaft weiterhin besteht.
Das Konstantinopolitanische Glaubensbekenntnis wird in der Ostkirche gesprochen. Seit dem Großen Schisma von 1054 ist die christliche Glaubenswelt gespalten. Die Westkirche bestand in Westeuropa und hatte in Rom ihren Hauptsitz. Und die Ostkirche predigte das byzantinische Christentum mit Hauptsitz in Konstantinopel. Das Glaubensbekenntnis der Ostkirche ist demnach von der Westkirche abgewandelt.
Sakramente
Sakramente sind sichtbare Zeichen, welche durch die unsichtbare Gnade Gottes entstehen. Wichtige Sakramente sind Brot und Wein zur Eucharistie-Feier oder Wasser bei der Taufe.
Gebote
Neben den zehn Geboten predigt das Christentum die Nächstenliebe. Dieses Gebot ist ein Alleinstellungsmerkmal der Christen. Es wird dazu aufgerufen, alle Geschöpfe Gottes zu lieben, anderen zu helfen und Gutes zu tun. Die Praktiken des Brotbrechens und der Tischgemeinschaft sind Ausdruck dieses Gebots.
Martyrium
Jesus wurde durch Pontius Pilatus verurteilt und durch die Römer ans Kreuz genagelt. Die Kreuzigung fand vor den Toren Jerusalems statt. Der Ort der Kreuzigung wird als Golgota genannt, wobei die Stätte nicht eindeutig identifiziert ist. Auf dem Weg nach Golgota musste Jesus sein Kreuz selbst tragen, ihm wurde eine falsche Krone (Dornenkrone) als Symbol des falschen Königsanspruchs aufgesetzt und er wurde verspottet.
Im Christentum wird der Leidensweg Christi als Passion oder Passionsweg bezeichnet. Das Leiden Christi wurde zum Vorbild aller Christen. Ähnliche Leidenswege bestritten die Märtyrer im Mittelalter, welche durch Leid aushalten ihren Glauben bestätigten.
Glaubenssystem des Islam
(siehe auch Hauptartikel: Fragen und Antworten zum Islam)
Im Islam glaubt man an einen absoluten und allmächtigen Gott, welcher mit Allah angerufen wird. Dieser Gott ist Schöpfer, Bewahrer und Lenker des Universums. Genauso wie das Christentum ist der Islam eine Verkündungsreligion. Das bedeutet, dass Missionare ausziehen, um die Botschaft Allahs zu verkünden und so Nichtmuslime zu bekehren.
Begründer des Islam war der Prophet Mohammed, welcher auf dem Berg Hira um 610 n. Chr. die Gottesbotschaft empfing. Als der Prophet Mohammed im Jahr 632 n. Chr. starb, gingen die Muslime zur großangelegten Missionierung über. Die Arabische Expansion erfasste Nordafrika, den Nahen Osten, Westasien, Zentralasien und sogar Teile Europas (Iberische Halbinsel ab 711 n.Chr.).
Da sich das Christentum als auch der Islam als Missionierungsreligion verstehen, werben beide um neue Mitglieder. In beiden Religionen erheben die Mitglieder den Anspruch, dass ihr Gott der einzig wahre und für alle Menschen zuständig ist.
Aufgrund dieser absoluten Weltanschauung standen sich islamische und christliche Kulturräume in einem dauerhaften Konflikt gegenüber. Dieser Konflikt äußerte sich bspw. in der Islamischen Expansion (ab 632 n.Chr.), der Reconquista (spanische Rückeroberung ab 722 n.Chr.), den Kreuzzügen (ab 1059) und dem Dauerkonflikt zwischen Byzanz und dem Osmanischen Reich (bis 1453).
Muslimischer Glaube
Muslime glauben, dass Allah der einzig wahre Gott ist. Das Wort Allah ist die arabische Übersetzung für Gott. Weiterhin glaubt man im Islam daran, dass der Prophet Mohammed der letzte Prophet war, welchen Gott für seine Lehre ausgewählt hatte. Demnach ist die islamische Glaubenswelt die endgültige Weltanschauung, welche Gott gewollt hatte. Frühere Propheten, wie Jesus oder Moses werden vom Islam anerkannt. Jedoch verkündeten diese nicht die endgültige Gottesbotschaft.
Glaube an Engel
Engel sind Geisterwesen, welche sowohl im Islam als auch im Christentum und im Judentum vorkommen. Doch im Islam spielen Engel als Gottesgehilfen eine weitaus größere Rolle. Der Grund dafür ist, dass dem Propheten Mohammed auf dem Berg Hira der Erzengel Gabriel erschienen ist. Von diesem empfing Mohammed zuerst die Gottesbotschaft.
Koran
Die Heilige Schrift im Islam der Koran. Auch dieses Buch enthält Verhaltensvorschriften und Regeln. Im Islam glaubt man außerdem daran, dass der Koran die direkte Offenbarung Allahs an den Propheten Muhammad ist. Demnach sind die darin enthaltenden Anweisungen direkte Anweisungen von Gott.
Glaube an das Jüngste Gericht
Das Jüngste Gericht ist sowohl im Judentum als auch im Christentum bekannt. Es wird auch Gottesgericht genannt. Muslime glauben, dass am Tag des Jüngsten Gerichts alle Menschen für ihre Taten zur Rechenschaft gezogen werden.
Schicksal
Allah ist allmächtiger Denker, Verwalter und Lenker im Kosmos. Demnach glauben Muslime, dass das Schicksal von Allah vorherbestimmt ist.
Fünf Säulen des Islam
Die fünf Säulen des Islam ist eine grundlegende Verhaltenspraxis, an welche sich alle Muslime halten sollten. Die fünf Säulen sind:
- Schahada (Glaubensbekenntnis): Kein Gott außer Allah
- Salat (Gebet): fünfmal am Tag zu beten, ist Pflicht
- Zakat (Almosen): Pflicht einen Teil des Einkommens zu spenden
- Sawm (Fasten): Einhaltung des Fastenmonats Ramadan
- Haddsch (Pilgerfahrt): Pflicht mindestens einmal nach Mekka gereist zu sein (Ort der Kaaba und Geburtsort Mohammeds)
Glaubenssystem im Hinduismus
(siehe auch Hauptartikel: Fragen und Antworten zum Hinduismus)
Der Hinduismus ist eine Weltreligion, welche tausende Götter kennt. Der Grund für diese enorme Götterzahl ist, dass viele Götter immer wieder geboren werden und in neuer Gestalt auftreten. Dennoch kennt der Hinduismus einige Hauptgötter. Demnach wird der Hinduismus auch als Zwischenform zwischen Polytheismus und Monotheismus betrachtet. Man nennt diese Theismusform auch Henotheismus.
Henotheismus bedeutet, dass ein bestimmter Gott oder ein gewisser Götterkanon für eine ganz bestimmte Zeit verehrt wird und danach wieder vernachlässigt wird. Solche Tendenzen gab es in der Geschichte der Religion immer wieder. So wählte der ägyptische Pharao Echnaton die Sonnengottheit Aton zum höchsten Gott und stufte alle anderen Götter als Nebengötter ab. Im römischen Reich etablierte sich in der Spätantike ein Sonnenkult um die Gottheit Sol, bevor sich der Manichäismus, der Gnostizismus und schließlich das Christentum ausbreiteten.
Das henotheistische bzw. polytheistische System der Hindus kennt drei Richtungen: den Shivaismus mit Shiva als zentralen Hauptgott, den Shaktismus mit einigen weiblichen Hauptgöttern im Zentrum und den Vishnuismus mit Vishnu als zentralen Gott. Alle diese Richtung erkennen sämtliche Reinkarnationen ihre Hauptgötter an, weshalb sich immer wieder neue anbetungswürdige Götter aufgetan haben.
Brahman
Brahman ist das höchste und allumfassendste Prinzip der Hindus. Dieses göttliche Prinzip existiert in allem. Der Mensch kann es mit seinem Verstand und seinen Sinnesorganen nicht begreifen, da Brahman formlos und unendlich zugleich ist.
Atman
Atman ist das individuelle Selbst, welches in jedem Geschöpf wohnt. Es ist in etwa gleichzusetzen mit dem Konzept der Seele, welches in den abrahamitischen Religionen existiert. Auch Atman wird als unsterblich und unendlich betrachtet. Mitunter werden Atman und Brahman als zwei Seiten eines gleichen Prinzips gesehen.
Karma
Karma ist ein religiöses Konzept von Ursache und Wirkung. Jede Handlung wirkt sich auf das Karma aus, entweder gut oder schlecht. Das Karma ist letztlich die Energie, welches ein nächstes Leben (Wiedergeburt) hervorbringt. Ob dieses nächste Leben ein leichtes oder leidvolles Leben sein wird, hängt von den Karma-Handlungen in diesem Leben ab.
Samsara
Samsara ist der leidvolle Kreislauf der Wiedergeburten. Das Ziel eines jeden Hindus ist es, den Samsara-Kreislauf zu durchbrechen. Dies geschieht, indem sämtliche Karma-Energie durch gute Handlungen abgebaut wird. Dafür braucht man mehrere Leben. Ist die Karma-Energie erschöpft, werden gläubige Hindus mit Brahman vereint. Die Vereinigung mit Brahman ist Ziel des menschlichen Daseins.
Moksha
Moksha ist der Ausbruch aus dem Samsara-Kreislauf und die ewige Vereinigung mit Brahman. (siehe letzten Abschnitt)
Dharma
Dharma ist der Verhaltenskodex der Hindus, um sich vom Karma zu befreien, Samsara zu durchbrechen und schließlich Moksha zu erreichen. Die moralischen Pflichten und Gesetze variieren je nach Alter, Geschlecht und Kaste.
Heilige Schriften
Der Hinduismus entstand aus der vedischen Religionsgemeinschaft. Demnach sind die Veden die unmittelbaren heiligen Schriften. Weitere Schriften sind die Upanishaden, Bhagavad Gita und die Epen Ramayana und Mahabharata.
Glaubenssystem im Buddhismus
(siehe auch Hauptartikel: Fragen und Antworten zum Buddhismus)
Der Buddhismus war als Religionsgemeinschaft ohne Gott gedacht. In seinen Ursprüngen ist es demnach eine atheistische Religion. Aber auch im Buddhismus schlichen sich polytheistische Tendenzen ein. So kennt der tibetische Buddhismus zahlreiche Gottheiten, während der Theravada-Buddhismus an den alten Lehren strikt festhält.
Der Buddhismus gehört, genauso wie der Hinduismus, zu den indischen Religionen. Er entstand aus dem Brahmanismus heraus, welcher wiederum aus der vedischen Religion entstand. Zahlreiche Konzepte, wie das Karma, Samsara und Dharma entsprechen der hinduistischen Vorstellung. Lediglich der Weg, wie man dem Samsara entkommt – wird im Buddhismus anders gelehrt.
Die Lehre des Buddhismus basiert auf die Lehranweisungen des Siddhartha Gautama. Dieser war der erste Buddha und somit das erste Wesen, welches erwacht ist. Mit Erwachen ist gemeint, dass Gautama dem Samsara entkam und ins Nirvana eintauchte.
Das Nirwana entspricht dem Moksha der Hindus und bedeutet ein Ankommen in der Unendlichkeit bzw. Ewigkeit. Der Lehrweg, um das Nirwana zu erreichen, wird als Dharma bezeichnet.
Die Dharma-Lehre des Gautama beschreibt einen Weg, wie das Leiden überwunden werden kann. Gautama erkannte, dass alle Menschen leiden (Reiche, Arme, Junge, Alte, Kranke, Gesunde). Als Ursache des Leids machte er das Verlangen aus. Wenn man die Begierde nach mehr abstellt, stellt man das Leiden ab.
Nirvana
Nirvana ist die Befreiung vom Samsara, also dem leidvollen Kreislauf der Wiedergeburten. Erreicht wird dies, indem alle negativen Karma-Energien gelöscht werden. Dann hat man das Erwachen (Bodhi) erreicht und kann ins Nirwana eintreten. Um zu erwachen, brauchen Buddhisten mitunter mehrere Leben.
Die Vier Edlen Wahrheiten
Die Vier Edlen Wahrheiten bilden das Fundament der buddhistischen Lehre:
- Das Leben ist Leiden (Dukkha)
- Die Ursache des Leidens ist das Verlangen (Tanha)
- Das Leiden kann überwunden werden.
- Um das Leiden zu überwinden, muss der edle achtfache Pfad beschritten werden.
Der Edle Achtfache Pfad
Der Edle Achtfache Pfad ist ein Lebensweg und ein Verhaltenskodex, um das Leiden zu überwinden, somit Karma-Energien aufzulösen und dem Erwachen (Bodhi) näher zu kommen.
- Rechte Ansicht
- Rechtes Denken
- Rechte Rede
- Rechtes Handeln
- Rechter Lebensunterhalt
- Rechtes Streben
- Rechte Achtsamkeit
- Rechte Konzentration
Das Adjektiv „recht“ ist eine Übersetzung des Pali-Wortes „samma“. Die meisten Übersetzer sind mit dieser Übersetzung einverstanden. Mit „recht“ ist nicht eine Himmelsrichtung gemeint, sondern Attribute wie „rechtmäßig“, „rechtschaffen“, „rechtens“ oder „richtig“.
Buddhistisches Dharma
Dharma ist das von Gautama verkündete Daseinsgesetz, welches die Vier edlen Wahrheiten (und somit indirekt auch den achtfachen Pfad) enthält. Weiterhin werden drei Zufluchtsobjekte definiert, welche als drei Juwelen bezeichnet werden.
Die drei Juwelen
Die drei Juwelen sind Zufluchtsobjekte, welche bei der Meditation als Thema genommen werden.
- Buddha (der Erleuchtete)
- Dharma (die Lehre)
- Sangha (die Gemeinschaft der Praktizierenden)
Die zehn Betrachtungen
Um das Leid zu überwinden, formulierte Gautama verschiedene Schriften und entwarf Meditationstechniken, welche als die zehn Betrachtungen bezeichnet werden.
Bei den ersten drei Betrachtungen handelt es sich um die Zufluchtsobjekte (drei Juwelen). Der Übende soll sich dem Erwachten (Buddha) vergegenwärtigen. Danach soll er sich dessen Lehre vergegenwärtigen (Dharma). Und schließlich soll er die Vergegenwärtigung seiner Nachfolger und der Gemeinschaft (Sangha) erreichen.
Die anderen sieben Betrachtungsobjekte reichen von der Tugend, des Loslassens bis hin zum Tod.
Der Übende soll durch die zehn Betrachtungen während der Meditation seine Konzentration und sein Bewusstsein entwickeln. Letztlich dient die Meditation dem Zweck, das Verlangen (Tanha) aufzugeben und so das Leiden zu überwinden (vier edle Wahrheiten und der edle achtfache Weg).
Nichtreligiöse Glaubenssysteme
Im nichtreligiösen Kontext spricht man eher von Weltanschauung oder Ideologie anstelle von Glaubenssystemen. Dennoch kennen alle Weltanschauungen oder Ideologien ihre Feiertage, ihre Heiligen Schriften und ihre Märtyrer. Im Folgenden sollen nur einige skizziert werden.
Der Stoizismus ist eine antike griechisch-römische Philosophie. Deren Anhänger werden als Stoiker bezeichnet und glauben daran, dass der Mensch im Einklang mit der Natur und dem universellen Logos (Vernunft) leben sollte. Ähnlich wie Buddhisten beschreiben Stoiker einen Lebensweg, um dem Leid zu entkommen, Begierde zu vernachlässigen und Glück zu erreichen. Zu den Heiligen Schriften der Stoiker zählen Werke von Seneca, Epiktet und Mark Aurel.
Der Kommunismus glaubt, dass die Menschheitsgeschichte eine Abfolge von Klassenkämpfen ist. Und jeder Klassenkampf dient als der Motor einer gesellschaftlichen Entwicklung. Weiterhin strebt der Kommunismus eine Gleichheit aller Bürger und eine Gesellschaftsform ohne Staat (klassenlose Gesellschaft) an. Zu den Heiligen Schriften der Kommunisten gehören Werke von Karl Marx, Friedrich Engels, Lenins und Leo Trotzki. Letzterer gilt als Abweichler und wollte seine eigene kommunistische Sekte gründen.
Der Humanismus strebt die vollkommende Verwirklichung der menschlichen Fähigkeiten an. Humanisten glauben, dass der Mensch das einzige Wesen ist, welches zur Kultur, Ethik und moralischen Verhalten fähig ist. Göttliche Gebote werden abgelehnt, da der Mensch sich gegenüber Gott emanzipieren muss. Die Heiligen Schriften der Humanisten sind Werke von Giovanni Pico della Mirandola (Oratio de hominis dignitate), von Thomas Morus (Utopia), von Erasmus von Rotterdam oder von Michel de Montaigne.
Das bedeutendste Glaubenssystem der Menschheitsgeschichte ist Geld. Die Macht des Geldes beeinflusst unser Denken und Handeln. Gleichzeitig ist Geld das einzige Glaubenssystem, welches nahezu jeden Menschen erreicht. Das schaffte keine andere Weltreligion.